Blog Layout

Leben gestalten – Zukunft säen

Die Landwirtschaftliche Tagung 2025 im Rückblick 


In konzentrierter und zugleich festlicher Stimmung fand die Landwirtschaftliche Tagung 2025 vom 5. bis 8. Februar 2025 am Goetheanum statt. Bis zu 800 Teilnehmende aus 47 Ländern kamen zusammen, um gemeinsam an drei zentralen Aufgaben und Themen zu arbeiten: die Zukunft der biodynamischen Bewegung, die Erde als lebendiges Wesen und der methodische Zugang über die sieben Lebensprozesse nach Rudolf Steiner.

Die Zukunft der biodynamischen Landwirtschaft

Nachdem wir im vergangenen Jahr das 100-jährige Jubiläum des biodynamischen Impulses gefeiert haben, widmen wir uns nun der Zukunft. Wir haben die Aufgabe, sie aus eigenen Kräften zu gestalten. Wie kann und soll sich diese Zukunft erschliessen? Ganz einfach, indem möglichst viele Menschen eine ökologische, regionale und multifunktionale Landwirtschaft in gemeinschaftlicher Weise praktizieren. Dies wurde in der Eröffnungspaneldiskussion durch drei Initiativen aus Ägypten, Indien und Mittelamerika eindrucksvoll veranschaulicht. Es ist ermutigend, von grossen Projekten mit zehntausenden beteiligten Familien zu hören, die dank einer nachhaltigen Landwirtschaft spürbare Verbesserungen ihrer Lebensverhältnisse erreichen. Dieses Panel gestalteten Frauen, denn die Multiplikation in den Dörfern erfolgt vor allem durch Frauen.

In weiteren Beiträgen wurden inspirierende Initiativen vorgestellt, bei denen Schulen auf Höfen integriert sind und der Unterricht direkt in die praktische Arbeit im Stall, auf dem Feld, im Garten, in der Küche und beim Bauen eingebunden ist. Wir hörten von einem Projekt in Grossbritannien mit 16 Standorten, an denen der biodynamische Organismus als therapeutischer Raum für Jugendliche dient, die sich in schwierigen Lebensphasen befinden. Ebenso lauschten wir beeindruckt den Geschichten eines kleinen Hofes in Flandern, Belgien, der sich mitten in einer Region industrieller Landwirtschaft seine eigene Zukunft durch soziale Bodenbildung und verschiedene Formen gemeinschaftlichen Zusammenlebens geschaffen hat.

Ein Schlüssel zum Verständnis des Lebens

Die sieben Lebensprozesse nach Rudolf Steiner bieten eine detaillierte Beschreibung des Phänomens Leben. Sie zeigen sich beim Menschen als fortschreitende Prozesse: Atmen – Wärmen – Ernähren – Absondern – Erhalten – Wachsen – Reproduzieren. Nach einer fundierten Einführung aus ärztlicher Sicht haben wir uns übend mit diesen Prozessen vertraut gemacht. Diese Prozesse wurden in Lernschritte übertragen, sodass aus dem ersten Prozess des Atmens beispielsweise das Beobachten hervorging und aus dem vierten Prozess des Absonderns die Individualisierung. Mit diesem Instrumentarium lässt sich auch der Hoforganismus untersuchen und gezielt gestalten.
Wie kann man die «Atmung» des Bodens wieder in Gang bringen, wenn sie stockt? Wird bei der Düngung die Individualisierung ausreichend berücksichtigt? Basieren Wachstum und Entwicklung auf einem stabilen Fundament der vorhergehenden Lebensprozesse? Durch die Perspektive der sieben Lebensprozesse können wir auch die Erde als lebendigen Organismus neu wahrnehmen und besser verstehen.

Die Erde als Lebewesen

Was bedeutet Leben für die Erde und für uns als Menschheit? Drei Aspekte von Leben wurden benannt: Biosals das vegetative Leben, sichtbar in der Welt der Pflanzen; Zoé als das seelische Leben, das in der Vielfalt der Tiere erscheint; und Aion als das geistige oder ewige Leben, dessen Träger der Mensch sein kann.
Die Erde als Lebewesen wird begreifbar, wenn man ihre kosmische Lage bedenkt: Sie befindet sich in einer Position zur Sonne, die eine dynamische, mittlere Wärme in der Atmosphäre ermöglicht – im Gegensatz zu ihren planetaren Nachbarn. Während die sonnennah gelegene Venus von heissem Dampf und der sonnenferne Mars von eisiger Kälte geprägt sind, zeichnet sich die Erde durch das «Mittlere» aus. Dieses Prinzip des Ausgleichs findet sich auch im fruchtbaren Boden wieder, wo sich Wärme und Luft einerseits und Feuchtigkeit und Mineralstoffe andererseits durchdringen.

Unsere Verantwortung für die Erde

Getragen wurde die Tagung vom Leitgedanken des Michaelbriefs «Michaels Wirken in der Ahriman-Sphäre», der uns daran erinnert, dass wir Menschen seit Beginn der Moderne in besonderer Verantwortung stehen. Denn die Entwicklung der Naturwissenschaft und Technik hat uns einerseits persönliche Freiheit ermöglicht, uns andererseits aber auch zu einer potenziellen Gefahr für das Leben auf der Erde gemacht. Gerade die biodynamische Landwirtschaft bietet eine konkrete Möglichkeit, unserer Verantwortung für die Erde aus freiheitlichen Kulturimpulsen heraus gerecht zu werden.

Ausblick

Die nächste Landwirtschaftliche Tagung findet statt vom 4. bis 7. Februar 2026 zum Thema «You never farm alone. Lebendige Gemeinschaften für die Zukunft». Als Grundlage dient der Michaelbrief «Michaels Erfahrungen und Erlebnisse während der Erfüllung seiner kosmischen Mission» von Rudolf Steiner, Anthroposophische Leitsätze, GA 26.


Share by: